Im Land der Eisenberge

Im Land der Eisenberge

Von der Küste geht es wieder ins Landesinnere, mitten hinein in die Pilbara Region. Die Landschaft wird schnell hügelig und verfärbt rostrot kontrastiert mit blassgrüner Vegetation. Kein Wunder – in diesem uralten Teil der Welt (bis zu 3,5 Mrd. Jahre) gibt es die weltweit größten Eisenerzvorkommen. Seit Anfang der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts sind hier schon ganz Berge vollständig abgetragen worden.

Dementsprechend sind hier all die großen Bergbaukonzerne vertreten und sorgen für Einkommen und Infrastruktur. Western Australia ist aufgrund dieses Reichtums an Bodenschätzen der wohlhabendste aller australischen Bundesstaaten und war während des Hochs der Coranakrise sogar gegenüber den anderen Bundesstaaten hermetisch abgeriegelt, um vor allem die Minenindustrie zu schützen (so zumindest die uns von Mitreisenden erzählte Version der Wahrheit). Das Interesse der Konzerne an stabilen Transportwegen hilft uns indirekt. Das Gros der jährlich 290 Mrd. Tonnen Eisenerz wird mit überlangen Zügen zur Küste transportiert. Zur Absicherung und Wartung dieser kostbaren Routen gibt es begleitende Pisten, die man mit einem Permit (dass man von Rio Tinto nach dem geduldigem Anschauen mehrerer Sicherheitsvideos gefolgt von einem Test mit 0% Fehlertoleranz kostenlos erhält) nutzen darf.

Wir haben 239 Waggons gezählt.

Erstes Ziel ist der Millstream Chichester National Park. Wir lassen es ruhig angehen – schauen uns ein paar der „Lookouts“ an, beobachten Känguruhs, baden im Fortescue River, spielen viel, schnacken mit den anderen Campern und verzichten ansonsten auf die schattenlosen Wanderungen.

Känguruhs zum Greifen nah.
Hier im Süden gibt es keine Crocs – normalerweise.

Die Temperaturen sind wie für eine Halbwüste erwartbar sehr tageszeitabhängig. Tagsüber (wegen Winter) angenehme 24-26 Grad im Schatten, außerhalb desselben trotzdem brutzelnde Sonne und abends kühlt es zügig ab, um kurz vor Sonnenaufgang bei 4-6 Grad wieder einen neuen Zyklus zu beginnen. (Im australischen Sommer ist die Pilbara übrigens die heißteste Region Australiens.)

Morgens ist es oft noch recht frisch.

Nach zwei Tagen geht es über das kleine aber nette Bergarbeiterstätdchen Tom Price (mit ca. 3.000 Einwohnern die Metropole der Gegend) direkt zum Karijini National Park. Sagte ich direkt. Nun, eigentlich ist in Tom Price nicht viel zu sehen, aber es gibt hier Netzempfang! Jonathan will wie letztes Jahr an der Cipher-Challenge der Firma Rohde&Schwarz teilnehmen. Dafür muss man (in den Kategorien „Steganographie“, „IT-Security“, „Kryptographie“, „Mathematik“ und „Programmieren“) jeweils bis zu vier Rätsel lösen. Der Haken: das nächste Rätsel bekommt man nur, wenn man die vorherige Aufgabe gelöst und online eingegeben hat. Dumm, wenn der Karijini Nationalpark nicht nach Kriterien des Handyempfangs konstruiert wurde. Also setzt sich Familie Berg in den lauschigen Ortskern auf eine Picknickbank und rätselt gemeinsam, bevor man dann doch noch rechtzeitig aufbricht, um vor dem Sonnenuntergang die letzten 100km bis zum Campground im Nationalpark zu überbrücken. (Nerds sind immer die anderen.)

Die berüchtigte „Rätselgang“

Der Karajini begeistert vor allem durch seine vielen eindruckvollen Schluchten, von denen man sich einige erwandern kann. Wir sind erst von der Trackbeschreibung etwas eingeschüchtert (Grade 5 – der höchste Schwierigkeitsgrad in Australien + fetter Hinweis „For very experienced and well prepared hikers only!“), der Guide im Visitor Centre attestiert uns aber ausreichend gute Tauglichkeit und legt uns die Touren sehr ans Herz. Zum Glück, sonst hätten wir ggf. eine großartige Erfahrung verpasst.

Es wird schluchtig.

Kurzer Exkurs: Wir versuchen uns möglichst gut an die lokalen Sicherheitshinweise zu halten (Sonnenschutz, Wasser, feste Schuhe etc.), um keine „dummen“, sprich für „Locals“ offensichtliche Fehler zu machen. Der Kontinent ist nicht dafür bekannt, diesbezüglich besonders nachsichtig zu sein. Es ist dann immer etwas befremdlich, wenn man sieht, was für Leute man dann unterwegs trifft (bezüglich Fitnessgrad, Beweglichkeit, Schuhwerk und Ausrüstung). Sind wir zu ängstlich oder die anderen zu leichtsinnig?

Die unglaublichen Farben des Wassers und der Berge lassen sich kaum mit der Kamera einfangen.

Die Wanderungen sind vom Charakter her sehr unterschiedlich, haben aber Gemeinsamkeiten. Wandere durch eine „eiserne“ Schlucht mit Wasserlauf, den du wahlweise durchwaten, durschschwimmen, per „spiderwalking“ umgehen oder an den ganz schmalen Stellen durchschlitterrutschen musst. Und keine Sorge, das Wasser da unten ist so richtig kalt! Alles in allem wieder ein unvergessliches Erlebnis, das in sehr positiver Erinnerung bleibt.

Waten.
Schwimmen.
Spiderwalking.
Das war nicht die schmalste Passage.

Nebenbei wird natürlich weiter an den noch offenen Rätseln rumgehirnt. Zudem treffen wir auf dem Campground eine australische Familie, deren 14-jährige Tochter sich sehr über altersangemessene Gesellschaft freut. Die Freude wird von unseren Kindern ausdrücklich geteilt.

Die „tummelte“ sich bei unserem Lagerplatz. Zwei Arten sollen hier giftig sein.

Einen Abend gibt es endlich auch „Bohnen-Kicherbsen-Eintopf“ aus unserem seit Corona sehr liebgewonnenen vegetarischen Kochbuch „Zwei Pfannen unterwegs“. (Vielen Dank dafür Hendrik. Wir nutzen es gern und viel.) Warum bekommt gerade dieses Gericht soviel Raum? Nun, da muss Rotwein ran. Aber keine ganze Flasche. Ihr merkt worauf das hinausläuft? Soll ja nicht schlecht werden, die Plörre.

Eine weitere Geschmacksrichtung an Termitenhügeln.

Am letzten der drei Tage dann doch noch ein Beinahe-Malheur. „Two Shoe or not two shoe, that is the question“. Die Rückfahrt von den letzten Schluchten bestand aus 13km Schotterpiste + 73km Asphalt. (Ja, das ist alles im gleichen Nationalpark. Ein australischer Tagsausflug halt.) Dazwischen passen wir selbstverständlich den Reifendruck an die Straßenverhältnisse an.

Reifendruck anpassen ist mittlerweile Routine (und dank Kompressor schnell erledigt).

Dabei bemerken wir (zu unserem Glück im Unglück), dass zwei einsame Schuhe an unserem Bullenfänger klemmen. Positiv – es sind unsere Schuhe. Negativ – sie gehören nicht zusammen. Was war passiert? Nach der Wanderung haben wir just dort die nassen Sachen zum Trocknen in die Sonne gehängt. Beim Losfahren sind die Sandalen von Jonathan und Tine dort nun ja – verblieben. Gut ist, wir wissen jetzt dass etwas fehlt (und sogar was genau). Schlecht ist, dass wir jetzt noch mal zurück und bei sehr tief stehender Sonne nach den Schuhen suchen müssen. Wir frohlocken, als Tines Schuh sich nach 2km zeigt, allerdings stirbt die oft zitierte Hoffnung (auf eine kurze Suche) als wir Jonathans Schuh nach 13km direkt an der Ausfahrt des Parkplatzes aufsammeln. Ende gut alles gut. Blöder Umweg, aber eine schöne Bereicherung unseres Geschichtenfundus.

Andere Länder, andere Hobbies. Hier stehen oftmals Autowracks mitten in der Pampa.

Zum Abschluss noch ein Bitte. Wir würden sehr gern wissen, wen wir alles mit unserem Blog erreichen und würden uns daher freuen, wenn ihr bei unserer kleinen „Volkszählung“ mitmachen würdet. Mailt uns bitte ein kurzes Lebenszeichen an follower_luecke@vodafone.de . Wer mag kann uns auch mitteilen, welche Bilder des Blogs Ihm bislang am Besten gefallen haben. (Wir küren dann das „Bild des Monats“).

6 Gedanken zu „Im Land der Eisenberge

  1. Ach, ihr Lieben! Ein Bild zu küren, das ist eine sehr schwere Aufgabe. Da brauche ich Zeit, und selbst dann kann ich es noch nicht wirklich!Es ist so spannend, euch zuzuhören (-lesen). Diese Schluchtenwanderung fühlt sich selbst von hier hammermäßig an. Es ist eine gewaltige Naturkuliusse. Dass Western Australia das reichste Bundesland ist, das ist mir neu, leuchtet aber ein … bleibt weiter so unternehmungslustig und passt auf eure Schuhe auf! 🙂 Herzlichste Abenteuergrüße von Gerd und Thea

  2. Noch mal zu euch, liebe Josephina und Jonathan, vielleicht setzt ihr euch doch mal hinters Lenkrad und probiert das Fahren. Denn so große Weiten mit wenig Fahrzeugen und seitlich nur roter Sand und Büsche … das findet ihr hier in Deutschland kaum … schlimmstenfalls fahrt ihr den Jeep in die Wüste … 🙂 Aber absegnen muss das der Papa 🙂 Na, nun bin ich gespannt! LG Thea

  3. JoJo, da kann ich mich meinem Schwesterherz nur anschließen. Opa und ich würden auch gern euern Bericht dazu hören … traut euch!!
    Das schönste Foto zu finden ist eine Herausforderung bei so viel Angebot, aber wir werden es versuchen. Die verrücktesten Wörter haben wir ja gerade gelernt:
    „durchschlitterrutschen“ oder „rumgehirnt“ und auch die Aussage „erzählte Version der Wahrheit“.
    Liebe Grüße aus der hochsommerlichen Heimat 🥰

  4. Ebenfalls ganz liebe Grüße aus Schwerin. Es sieht ja alles sehr spannend und nach Abenteuer aus. Auf Schlangen könnten wir allerdings komplett verzichten. Josephina hatte wohl großes Glück und war dieses Mal nicht an der „Schuhgeschichte“ beteiligt. Aber wie heißt es so schön – Ende gut alles gut.

  5. Liebe Grüße aus dem sommerlichen Wolfsburg. Sehr schöner Bericht mit tollen Erlebnissen. Sieht nach echtem Abenteuer aus! Viel Spaß 🙋‍♀️.

  6. Viele Grüße aus Leipzig. Mir gefällt jedes Mal euer Bericht. Welches ist das schönste Bild? Ist es die Landschaft oder wo ihr alle drauf seid. Ich denke , ihr hab noch viele Bilder, von denen ihr die Besten ausgesucht habt.

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