Turangi
[Sebastian – 24.03.2015]
Auf ins vulkanische Zentrum der Südinsel rund um den Lake Taupo. Der See ist mit 40km Länge und 28km Breite der größte Neuseelands. (Er hat zum Vergleich ca. 20% mehr Fläche und Volumen als der Bodensee.) Wenn man das Monstrum sieht, kann man sich kaum vorstellen, dass es die Reste des Kraters eines Super-Vulkans sind, dessen Magmakammer nach einer gewaltigen Eruption vor ca. 26.500 Jahren kollabierte und dadurch diese riesige Senke schuf. (Der Ausbruch war einer der weltweit stärksten der letzten 250.000 Jahre und der größte der letzten 70.000 Jahre. Der Taupovulkan ist bis heute unter dem See aktiv. Der letzte große Ausbruch um 180 AD war das gewaltigste vulkanische Ereignis in der Kulturgeschichte der Menschheit. Neuseeland war zu diesem Zeitpunkt noch unbesiedelt, aber die Folgen des Ascheregens lassen sich in den Chroniken in China und dem antiken Europa belegen.)
Auf dem Weg zu unserem Backpacker in Turangi (am Südufer des Lake Taupo) machen wir Stopp in der Stadt Taupo (am Nordufer) und schwelgen in Erinnerungen. Ich kann heute kaum glauben, dass ich mich damals an der zugegebenermaßen malerisch gelegenen, aber dennoch verdammt tiefen Bungeesprunganlage über die Kante getraut habe.

Die erste kommerzielle Bungeesprungstelle der Welt!
Wenn man in Taupo ist, gehört eine Wanderung zu den Huka Falls (und den heißen Quellen, die in den Waikato-River fließen) unbedingt dazu. Der Wasserfall ist zwar nicht sehr hoch (11m) aber dennoch etwas ganz Besonderes. Das Wasser des ca. 100m breiten Waikato-River wird hier durch einen 15m breiten natürlichen Felskanal gepresst, bevor der Fluss hinter den Huka Falls wieder sein breites Bett findet.

140.000 Liter Wasser pro Sekunde können schon beeindrucken.
Unsere Unterkunft in Turangi ist wirklich nett und gemütlich, so dass wir ganz entspannt das richtige Wetter für unser eigentliches Ziel dieser Etappe abwarten können – den Tongariro Nationalpark. Für mich ist diese unwirtliche Gegend mit mehreren aktiven Vulkanen nach wie vor DAS landschaftliche Highlight im (an Attraktionen nicht armen) Neuseeland. 1998 in Rekordzeit durchquert – vielen Dank Hendrik für die Antreiberei ;o) – war er 2003 der perfekte Ort, meiner Frau am Gipfel des Mt. Ngauruhoe (für „Herr der Ringe“-Fans, der Drehort des Schicksalsbergs in der Filmtrilogie) ein Angebot zu machen, dass sie (so hoffte ich) nicht ablehnen konnte. Dieses Mal sollen auch die Kinder in den Genuss dieser einmaligen Landschaft kommen.

Eine kleine Entschädigung für das frühe Aufstehen.
Wecker 6:00 Uhr! (Es hat keiner gesagt, dass es Spaß macht!) Um 7:00 Uhr sitzen wir dick eingepackt (Es war Eis auf der Frontscheibe!!!), voll ausgerüstet und topmotiviert im Auto und sind 7:45 Uhr auf dem Track. Es ist so früh und so hoch (1.150m) empfindlich kalt und wir sind froh, dass wir genug warme Sachen dabei haben.

Überall ist der Boden mit diesen faszinierend langen Eiskristallen bedeckt.
Das „Tongariro Alpine Crossing“ ist einer der „Great Walks“ in Neuseeland und daher sehr stark frequentiert. Wir bleiben zum Glück von Staus auf den z.T. schmalen Pfaden verschont und kommen gut voran.
Das Warten auf gutes Wetter hat sich gelohnt. Es ist sonnig, überwiegend wenig windig (und im Laufe des Tages auch leidlich warm). Kurz vor 11Uhr erreichen wir schon den Red Crater, der uns mit seinen intensiven Rottönen schon damals begeisterte.

Direkt am Krater werden wir fast weggeweht.
Der Red Crater markiert die Mitte und den höchsten Punkt des Tracks (1886m). Da die zweite Hälfte des Tracks schnell das Vulkangebiet verlässt und (bis auf die Emerald Lakes, die wir von oben bewundern) vergleichsweise unattraktiv ist, hatten wir schon vorher geplant, hier umzukehren und noch einmal durch das Herzstück des Nationalparks zurück zu unserem Auto zu laufen.

Die Emerald Lakes sind das letzte Highlight des Tracks.
Außerdem haben die Kinder und ich noch ein Projekt offen …

Hier ahnt Tine noch nicht, dass sie den Vulkan noch einmal deutlich näher zu Gesicht bekommt.
… Da wir so gut in der Zeit liegen und die Kinder bislang erstaunlich fit sind, wird die Frau Mama übergeredet, den separaten Aufstieg auf den 2.291m hohen aktiven Vulkan Mt. Ngauruhoe zu wagen.

Nach 2:30h extrem mühseliger Kraxelei über rutschiges Lavageröll erreichen wir glücklich den Gipfel.
Die Kinder bekommen unterwegs mehrfach bewundernden Zuspruch von anderen Leidensgenossen. („Ich war schon auf vielen Bergen wandern, aber der hier ist extrem mies. Aber wenn ich die Kinder sehe, kann ich mich ja gar nicht beschweren! Glückwunsch zu dem Mut in dem Alter!“) Die Kinder sind stolz wie Bolle (und die Eltern erst – auf ihre Kinder) und können das auch mit Fug und Recht sein.

Es ist immer wieder erstaunlich, wozu Kinder in der Lage sind, wenn man ihnen etwas zutraut.
An bekannter Stelle am Kraterrand bekommt Tine diesmal von mir den Anhänger überreicht, den ich in Nelson für sie gefertigt habe. (Ein bisschen Romantik muss sein!) Der Abstieg ist dann eine einzige lange (meistens kontrollierte) Schlitterpartie auf Asche und Geröll ins Tal und kein Vergleich mit den Anstrengungen bergauf.

Ein Mordsgaudi für die Kinder (wenn auch nicht 100% blessurenfrei)!
Der Pferdefuß ist der noch offene Rückweg zum Carpark, der sich vor allem zum Ende dieser 2h-Etappe mächtig zieht. Nach 11h hatten wir dann die 24km mit insgesamt 1.360 Höhenmetern endlich bewältigt. Zufrieden aber geschafft fallen wir ins Bett. (Erstaunlicherweise hat tags darauf niemand von uns Ausfallerscheinungen. Die vorangegangenen Wanderungen scheinen doch einen kleinen Trainingseffekt gehabt zu haben.)

Unschwer zu erahnen, sind die Daumen so gestreckt wie nur was!
Die anderen Tage vergehen wieder wie im Flug. Wir genießen die gemütliche Unterkunft mit vielen interessanten Gesprächspartnern, backen Kuchen und endlich deutsches Brot mit der Backmischung aus dem Überraschungspaket. Die Kinder dürfen mal wieder etwas mehr Zeit in ihre Ausbildung investieren. Das Ganze wird aufgelockert durch Ausflüge nach Taupo (wo die Kinder erfolgreich im See nach Golfbällen tauchen) und in ein Thermalbad. Zum Ende ist das Wetter scheinbar noch einmal geeignet für eine Wanderung zum Kratersee des in Sichtweite des Mt. Ngauruhoe gelegenen, 2.797m hohen Vulkans Mt. Ruapehu.

So sieht der Mt. Ruapehu an einem wolkenfreien Tag aus.
Vor Ort ist die Sicht durch tiefhängende Wolken allerdings derart beeinträchtigt, dass wir uns gegen die Begehung der unmarkierten Route entscheiden und stattdessen den Taranaki Falls einen Besuch abstatten.

Hier bekomme auch ich meinen neuen Anhänger von Tine überreicht.
Morgen ist es mit der (relativen) Ruhe vorbei. Dann geht’s ein Stück nach Norden in die permanente Schwefelwolke von Rotorua. Wir haben bereits einiges auf unser To-Do-List. Was genau und wie es uns dabei ergangen ist, erfahrt ihr im nächsten Beitrag.
7 Gedanken zu „Turangi“
Ingrid&Dieter
wir würden euch gerne ein paar Grad abgeben, wenn das ginge 🙂
Karfreitag und Ostersonntag werden hier das erste Mal die Geschäfte geschlossen sein (sonst ist immer alles jeden Tag offen). Da müssen wir rechtzeitig ans Einkaufen denken. Ganz ungewohnt.
Gruß Christina
P.S. Auch die Blogkommentare finden wir immer erneut lesenswert und interessant … herzlichen Glückwunsch zur Hochzeit, Celina und Chrissi!!