Siem Riep (Kambodscha)

Siem Riep (Kambodscha)

[Sebastian – 15.12.2014]
Um es gleich vorwegzunehmen: Der Abstecher nach Kambodscha hat sich (auch für die vergleichsweise kurze Zeit) sehr gelohnt. Die Eindrücke der vergangenen vier Tage waren einmalig. Dank unseres lokalen, deutschsprachigen Guides Herrn Yim Savy (der wie wir in Rostock studiert hat!) haben wir nicht nur eine sehr durchdachte und aufschlussreiche Führung durch die Tempelanlagen der Umgebung bekommen, sondern auch einen intensiven Einblick in das Leben der Khmer außerhalb der Touristenblase Siem Reap. (Vielen Dank noch mal an Beate und Joachim für den Tipp!) Aber der Reihe nach:

Uns hat Kambodscha sehr gut gefallen!

Kambodscha biete viele interessante Ein- und Ausblicke.

Wie alle Besucher starten wir unsere Ausflüge von Siem Reap, einer Provinzstadt etwas südlich von Angkor Wat. Der Ort hat erst mit dem Anschwellen der Touristenströme ab der Jahrtausendwende an Bedeutung gewonnen und ist daher sehr touristisch und künstlich. Überall große Hotels (inklusive Weihnachtsdeko) und Restaurants westlichen Standards. Im Vergleich zu Thailand gibt es hier kaum Garküchen oder lokale Märkte, dafür umso mehr Souvenirstände, die alle das Gleiche verkaufen. Bezahlt wird mit US-Dollar. Einzig Wechselgeld kleiner 1 Dollar wird in der lokalen Währung Riel (1$ = 4.000 Riel) beglichen. Jetzt können wir unseren Bargeld-Notgroschen gut gebrauchen. (Wir hatten in Deutschland noch geflucht, dass uns unsere Hausbank u.a. mit fünf Bündeln 1$-Noten à 100 Stück belieferte. Immerhin waren das 500g zusätzliches Gepäck! Hier in Siem Reap ist diese Stückelung ideal und wir werden reichlich Ballast los.) Allgemein ist das Preisniveau etwas niedriger als in Thailand. Da wir uns aber weniger auf lokalen Märkten versorgen können, geben wir durch die vielen Restaurantbesuche insgesamt etwas mehr aus.

Ja, diese Jonny Walker Flaschen dienen hier als Tankstelle.

Nein, das ist kein Jonny Walker. Ja, das ist eine Tankstelle.

Unser eigentliches Ziel ist aber ohnehin Angkor Wat und Umgebung. Zwischen dem 10. und 14. Jahrhundert hatte das damalige Khmerreich eine große Blütezeit. In dieser Zeit entstanden viele monumentale Tempelanlagen (die größte davon ist Angkor Wat) und eine große Tempelstadt (Angkor Thom). Nur für die Errichtung von Angkor Wat waren wohl ca. 400.000 Arbeiter und ca. 40.000 Elefanten 37 Jahre beschäftigt! Allein der Wassergraben umschließt eine Fläche von 1,3 x 1,5km bei einer Breite von 190m!

Der Wassergraben um Angkor Thom ist "nur" 100m breit dafür umschließt er eine Fläche von 3x3 km.

Der Wassergraben um Angkor Thom ist “nur” 100m breit. Dafür umschließt er eine Fläche von 3x3km.

Man schätzt, dass in der Königsstadt ca. 1 Million Einwohner lebten. Im 16. Jahrhundert wurde das Gebiet vollständig aufgegeben und erst im 19. Jahrhundert langsam wieder erforscht und restauriert. Da das Baumaterial Stein einzig sakralen Bauten vorbehalten war, ist vom Königspalast oder anderen Gebäuden nichts erhalten. Nur die Tempel, Mauern und Gräben haben die Zeit mehr oder weniger gut überdauert.

Der Bayon Tempel ist das Zentrum von Angkor Thom.

Der Bayon Tempel steht im Zentrum von Angkor Thom.

Mit einem Minibus starten wir unser dreitägiges Ausflugsprogramm. Herr Yim führt uns zu den verschiedenen Tempeln, die alle sehr unterschiedlich in Größe, Stil und Grad der Restauration sind. Er zeigt uns dabei auch kleinere, aber nicht weniger schöne, dafür weniger überlaufene Orte, weist auf gute Fotomotive und interessante Details hin und erzählt viel Wissenswertes über die Geschichte und Mythologie.

Einer selten begangenen Wege führt durch das Nordtor von Ta Prohm.

Einer der selten begangenen Wege führt durch das Nordtor von Ta Prohm.

Die Kinder brauchen etwas Zeit, um sich auf den Guide einzulassen, stellen dann aber viele gute Fragen und merken sich auch so einiges. Das ist Geschichts- und Religionsunterricht zum Anfassen. (Insbesondere der Gott Indra mit dem dreiköpfigen Elefanten hatte es Josephina angetan.) Die besten Tempel für die Kinder sind aber ohnehin die, wo man viel rum- oder raufklettern kann.

Lianenschaukeln kommt auf der Favoritenliste gleich nach Ruinenklettern.

Lianenschaukeln kommt auf der Favoritenliste gleich nach Ruinenklettern.

Wir Eltern sind besonders fasziniert von den Dimensionen der Bauwerke (und der riesigen Wassergräben) sowie vom Aufwand mit dem fast sämtliche Oberflächen verziert wurden. Besonders gespannt waren wir auf den Tempel Ta Prohm (Kulisse von „Tomb Raider“), der in einem möglichst ursprünglichen Zustand erhalten werden soll. Unser erster Besuch war dann etwas ernüchternd, da die wildesten Überwucherungen mit einem ordentlichen Podest versehen sind, auf dem sich dann Unmengen von Besuchern im Sekundentakt fotografieren lassen. Herr Yim fährt mit uns aber auch zum 60km östlich gelegenen Tempel Beng Mealea. Hier kommen weniger Leute hin und der Dschungel hält weite Teile des Areals immer noch im Würgegriff.

In Beng Mealea wurde bislang sehr wenig restauriert.

In Beng Mealea wurde bislang sehr wenig restauriert.

In besonderer Erinnerung bleibt uns auch der sehr gut restaurierte, aus rosa Sandstein erbaute Tempel Banteay Srei (ca. 30km nördlich von Angkor Wat) mit seinen aufwendigen Torbogenverzierungen.

Filigrane Dekore schmücken den rosa Sandstein von Banteay Srei.

Filigrane Dekore schmücken den rosa Sandstein von Banteay Srei.

Den Abschluss bildet natürlich Angkor Wat. Ein Bauwerk von kolossaler Größe mit riesigen, gut erhaltenen Wandreliefs entlang der gesamten Außenseite des Haupttempels mit mythologischen und historischen Darstellungen. Da Angkor Wat die Hauptattraktion ist, sind hier allerdings auch die meisten Besucher, was der Gesamtstimmung im Vergleich zu anderen Tempeln etwas Abbruch tut.

Tine findet ein schönes Souvenir in Angkor Wat.

Tine findet ein schönes Souvenir in Angkor Wat.

Neben dem historischen Khmerreich ermöglicht uns Herr Yim auch einen Einblick in das „normale“ Leben in Kambodscha außerhalb der Touristenblase Siem Reap. Wir besuchen mit ihm ein Fischerdorf mit Stelzenhäusern außerhalb der Touristenrouten und fahren mit einem Boot durch die Sumpflandschaft zum Tonle Sap See, an dessen Ufer schwimmende Häuser ankern.

In der Regenzeit reicht das Wasser bis an die Häuser.

In der Regenzeit reicht das Wasser bis an die Häuser.

Er ist mit 2.500-10.000 km2 der größte See Südostasiens. Jedes Frühjahr fluten die Wassermassen des Mekong den Fluss Tonle Sap und kehren dessen Fließrichtung (als einzigen weltweit) um. Dadurch schwillt der See an und der Wasserspiegel steigt um bis zu 12 Meter. Zur Trockenzeit kehrt sich das Schauspiel um und große Teile fallen trocken und werden dann landwirtschaftlich bearbeitet. Trotz seiner Größe ist der See allerdings heillos überfischt und die Fischer leben in großer Armut ohne sauberes Wasser oder Strom.

Entlang des Sees herrscht reger Verkehr.

Entlang des Sees herrscht reger Verkehr.

Da im Vergleich zum alten Khmerreich (wo 3x pro Jahr Reis geerntet wurde!)  kein Bewässerungssystem existiert, trocknet das Land regelmäßig aus und die Bauern (80% der Bevölkerung) können nur 1x pro Jahr Reis ernten. Auf der Fahrt durch abgelegene Dörfer können wir uns ein Bild davon machen, unter welch einfachen Bedingungen die meisten Menschen hier leben: einfache Palmhäuser, kein Strom, kein Wasser, keine Toilette, Wasserbüffelkarren statt Autos, viele Fahrräder, einige Modpeds, z.T. deutlich sichtbare Kinderarbeit. Zudem erzählt uns Herr Yim auch viel über Schulgeld, Krankenversorgung, Wirtschaft und etwas Politik. Er versichert uns, dass die meisten Leute trotz ihrer schwierigen Lebensumstände vergleichsweise glücklich und zufrieden sind mit dem, was sie haben. Ein wichtiger Hinweis, den man im deutschen Überfluss oft vergisst.

Die Lebensstandard der meisten Khmer ist sehr niedrig.

Der Lebensstandard der meisten Khmer ist sehr niedrig.

Nach der sehr kompetenten Führung durch Herrn Yim haben wir noch einen Tempelbesuch auf unseren Tickets offen. So beschließen wir Ta Phrom eine zweite Chance zu geben und fahren am vierten Tag noch einmal allein zum Tempel – um 6:00 Uhr! Als der Wecker klingelt, sind wir nicht mehr so sicher, ob das eine gut Idee war. Aber die Stimmung vor Ort ist einmalig. Die Vögel lärmen in den Bäumen. Die Sonne ist gerade hinter unserem Rücken aufgegangen und wir sind (fast) allein. (Ich bin schon drauf und dran, den Indy-Schlapphut aufzusetzen und mir die Peitsche zu schnappen, aber Tine will ihr Lara Croft Outfit nicht anlegen.) Wir klettern (zur Begeisterung unserer Kinder) durch die Trümmer und genießen die einmalige Stimmung im Morgenlicht allein in der Tempelruine.

Ta Prohm empfängt uns mit stimmungsvollem Licht und  einer tollen Atmosphäre.

Ta Prohm empfängt uns mit stimmungsvollem Licht und einer tollen Atmosphäre.

Welch Unterschied, wenn man die Kulisse ganz für sich allein hat.

Das Aufstehen hat sich gelohnt. Hier fühlt man sich als richtiger Entdecker. Einmalig!

Der letzte Tag ist reserviert für Kinderwünsche. Die beiden haben in den letzten Tagen fleißig „Pluspunkte“ gesammelt, um heute einen Tag nach ihren Wünschen gestalten zu können. So nutzen wir ausgiebig den Pool im Hotel, spielen iPad, schauen „Simpsons“ und schlemmen Shakes und Rotees auf dem Markt. Morgen geht es dann zurück nach Bangkok und dann weiter nach Kanchanaburi, unserem Domizil für die Feiertage, auch wenn uns noch gar nicht sehr weihnachtlich ist. (Einzig die Lebkuchen fehlen uns!)

3 Gedanken zu „Siem Riep (Kambodscha)“

Beate Woitschek, Joachim Dettmann

Hallo Ihr 4,
schön das Euch die Tour mit Herrn Yim gefallen hat.
Wir waren auch sehr erstaunt über die Bilder vom Tonle Sap See, wir waren ja in der Regenzeit da, da ging das Wasser natürlich bis an die Basis der Häuser ran, d.h. man hat die Stelzen kaum noch gesehen.
Der Vorteil der Regenzeit war natürlich das es an den Tempeln leerer war,aber Ihr habt das ja auch gut gemanagt!
Wir wünschen Euch jetzt erstmal ein paar erholsame Tage in Kanchanaburi, schöne Weihnachten(auch hier ist einem nicht danach: 10 Grad, Sturm, Regen, Gewitter…ich glaube da würde ich Eure Weihnachten vorziehen…!) und einen guten Rutsch ins neue Jahr und natürlich weiterhin eine tolle Reise!

Liebe Grüße,
Beate und Joachim

Sigrid

Vielen Dank für euren neuen beeindruckenden Bericht.Ich finde die Dimensionen der Bauwerke wahnsinnig faszinierend.Interessant finde ich auch die Berichte über das normale Leben.Ihr schreibt sehr lebendig und ich freu mich immer,wenn neue Infos da sind.Wann gibt es das nächste Quizz?Liebe Grüsse Sigrid

Anne und Dieter

… wie schön … heute können wir wieder euern neuen Abenteuer-Reisebericht genießen: Lianenschaukeln im Dschungel, Ruinenklettern, Tines “kleines” Souvenir, Eintauchen in die Welt neben den Touristraßen, morgendlich-romantischer Tempelbesuch. Wir freuen uns sehr mit euch und wünschen eine erholsame Vorweihnachtszeit. Liebe Grüße und ein Extraküsschen für euch, JoJo,
euer OPaDieter und eure OMaAnne